29. Oktober 2024

Autorenlesung – Marcus Bensmann

Am Dienstag, den 22. Oktober 2024, zog die kurzfristig angesetzte Autorenlesung des renommierten Journalisten Marcus Bensmann zahlreiche Besucher in das Gasthaus Holzhauser in Pirzlöd. Trotz der knappen Vorlaufzeit fanden sich etwa 80 Interessierte ein, sodass die Veranstalter vom Ortsverband Garching kurzfristig zusätzliche Stühle bereitstellen mussten, um dem Andrang gerecht zu werden.

Bensmann, ein erfahrener Journalist des investigativen Recherchezentrums Correctiv, trat mit dem Vortrag zu seinem Buch „Niemand kann sagen, er hätte es nicht gewusst – Die ungeheuerlichen Pläne der AfD“ auf. Dabei beleuchtete er die zunehmenden Gefahren durch die rechtspopulistische Partei und die weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen, die durch ihre Agenda drohen.

Correctiv und die veränderte Rolle der Medien

Zum Auftakt stellte Bensmann das gemeinnützige Medienunternehmen Correctiv vor, das sich auf tiefgründige und oft brisante Investigativ-Recherchen spezialisiert hat. Ein prominentes Beispiel ihrer Arbeit ist die Aufdeckung des sogenannten „Geheimtreffens in Potsdam“ im vergangenen Jahr, bei dem sich hochrangige Mitglieder der AfD mit international vernetzten rechten Akteuren trafen, um gemeinsame Strategien zu erörtern.

Dabei ging Bensmann auf die veränderte Rolle der Medien in der heutigen Zeit ein. „Jeder kann heute zum Sender werden“, erklärte er und verwies auf die zunehmende Bedeutung von sozialen Netzwerken, in denen Inhalte unkontrolliert und oft ohne journalistische Überprüfung verbreitet werden. Correctiv setze dagegen auf fundierte, tiefgehende Recherchen, um Licht in undurchsichtige Machenschaften zu bringen.

Die Agenda der AfD: Drei übergeordnete Ziele

Im Zentrum seines Vortrags standen die langfristigen Ziele der AfD, die nach Bensmanns Recherchen auf drei übergeordneten Themen basieren:

  1. Der Erhalt eines monoethnischen Staates: Der Autor erläuterte, dass sich das „völkische Trugbild eines monoethnischen Staates“ in der AfD vorfindet. Diese Idee sei nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich gefährlich, da sie einer ethnischen Homogenität Vorschub leistet, die in der pluralistischen Gesellschaft Deutschlands weder realistisch noch wünschenswert sei. Er wies darauf hin, dass die Partei gezielt Begriffe wie „Remigration“ in den öffentlichen Diskurs einführt. Dieser Begriff bezeichnet die „Heimführung“ von Menschen mit Migrationshintergrund, die sich nach Auffassung der Partei nicht ausreichend „assimiliert“ haben – eine Formulierung, die nach Bensmann dazu dienen soll, eine spätere Umsetzung entsprechender Maßnahmen in der Bevölkerung zu legitimieren.
  2. Hinwendung zu Russland und China: Ein weiteres strategisches Ziel der AfD ist laut Bensmann die Ausrichtung Deutschlands auf autoritäre Staaten wie Russland und China. Hierbei gehe es nicht nur um außenpolitische Allianzen, sondern auch um eine ideologische Annäherung. Die Partei befürworte einen Bruch mit westlichen Demokratien und würde stattdessen ein autoritäres Regime-Modell bevorzugen, das in diesen Ländern vorherrscht.
  3. Eine radikale Revision der Erinnerungskultur: Der Journalist beschrieb, wie die AfD eine „180-Grad-Wende“ in der deutschen Erinnerungskultur anstrebt. Sie möchte das Gedenken an die Verbrechen des Nationalsozialismus relativieren oder sogar umkehren. Zentrale Akteure der Partei, wie Björn Höcke, propagieren eine neue „positive“ Sichtweise auf die deutsche Geschichte, die besonders in rechten Kreisen Unterstützung findet. Diese gefährliche Umdeutung der Geschichte solle dazu beitragen, nationalistische Ideen wieder gesellschaftsfähig zu machen.

Beeinflussung der Jugend und soziale Medien

Ein weiterer Schwerpunkt seines Vortrags war die gezielte Beeinflussung der Jugend über soziale Medien. Insbesondere Plattformen wie TikTok spielen dabei eine zentrale Rolle, wie aufgezeigt wurde. Die AfD habe erkannt, dass sie durch moderne Kommunikationswege, die vor allem von jüngeren Menschen genutzt werden, ihre Ideologien verbreiten kann. Kurze, leicht verdauliche Videos mit emotional aufgeladenen Botschaften seien dabei ein effektives Mittel, um junge Menschen an die Partei zu binden.

Bensmann zitierte regelmäßig aus Veröffentlichungen von führenden rechten Figuren wie Björn Höcke, Martin Sellner und Maximilian Krah, um die strategische Vorgehensweise der rechten Szene zu untermauern. Diese Akteure hätten eine klare Vorstellung davon, wie sie ihre politischen Ziele Schritt für Schritt in die Gesellschaft tragen können – oftmals verborgen hinter harmlos erscheinenden Begriffen und Themen.

Diskussionsrunde zum Ausklang

Nach seinem Vortrag stellte sich Marcus Bensmann den Fragen des Publikums. Der Journalist lebte mehrere Jahre in Russland und konnte auf eigene Erfahrungen zurückgreifen bezüglich einiger Fragen zum Ukraine Krieg. „Ein Wandel durch Annäherung ist derzeit nicht in Sicht“, betonte er. Stattdessen plädierte er für ein geeintes und starkes Auftreten des Westens gegenüber Russland.

Sein Fazit: „Wir dürfen nicht die Augen verschließen vor den Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft und in Europa vor sich gehen.“ Mit seinem Vortrag gelang es Bensmann, die Zuhörerschaft nicht nur zu informieren, sondern auch zu sensibilisieren. Viele der Anwesenden verließen die Veranstaltung nachdenklich, aber auch mit einem stärkeren Bewusstsein für die Gefahren, die von rechtspopulistischen Bewegungen ausgehen.